Mittwoch, 7. September 2011

Ghana vor, doch kein Tor!


Als ich meinem Bruder erzählte, ein Jahr in Ghana zu verbringen, war seine erste Reaktion ein leicht irritierendes „Ghana? Immerhin spielen die gut Fußball.“

Am Montagabend treffen sich in London die ghanaische und die brasilianische Nationalmannschaft zum fröhlichen Fußballspielen. In aller Freundschaft.
Eine Freundin fragte einmal, warum es denn FREUNDSCHAFTSspiel heiße, wenn sich die Testosteronbolzen auf dem Platz dennoch foulen…
Am Montagabend treffen sich in Santrokofi die ghanaischen und die deutschen Dorfbewohner zum fröhlichen Fußballschauen. In aller Freundschaft.
Dank nur zweistündiger Zeitverschiebung. Und dank einer netten Dame, die ihr Wohnzimmer samt Fernsehgerät zum Public Viewing bereitstellt.

Warum wird Frauen eigentlich immer unterstellt, sie würden nicht das Runde auf seinem Weg ins Eckige bestaunen, sondern vielmehr die stählern trainierten Adoniskörper, die zwischen den zwei Eckigen auf dem Grünen umhertanzen?Völliger Quatsch! In meinem Fall muss frau dafür nämlich nicht auf die schimmernde Mattscheibe stieren – es reicht schon, sich im Raum umzuschauen…
Der ist irgendwann mit etwa vierzig Frauen und Männern aller Altersklassen, heißer, im Ventilator rotierender Luft und einem kollektiven Ernüchterungsseufzer gefüllt – das 1:0, kurz vor dem Halbzeitpfiff.

Die Pause ist kaum anders als in Deutschland.
Pipi-Pause für die einen, Werbepause für die anderen.
Werbespots über Handys, Bier und irgendwas mit Autos sind in Ghana übrigens auch nicht origineller als in Deutschland…
Wenn zur Spieleinschätzung ein Mann à la Günter Netzer seine Theorien vorpeitscht, sind alle wieder da, um ihm zustimmend oder belustigt zuzuhören.

Pfiff zur zweiten Halbzeit.
Das Spiel bleibt schwunglos und wenig aufregend. Ghanaische Ballverluste, Fehlpässe, noch nicht einmal ein Foul – ist schließlich ein Freundschaftsspiel. Das Runde, pardon, der Ball tummelt sich immer vor dem ghanaischen Tor, schafft es kaum in die andere Spielhälfte.
Ist das guter Fußball, Bruderherz?
Aber das scheint keinen zu interessieren. Auch in der achtzigsten Minute sehe ich keine einzige grimmig die nicht mehr zu verhindernde Niederlage bedauernde Miene. Spannung und Freude. Ganz nach der Devise: Wenn es schon keine Torchancen gibt, dann jubeln wir eben über die tollen Paraden des Torwarts nach den Freistößen. Und zwar richtig! Von außen hätte jemand, der deutschen Torjubel gewohnt ist, glauben müssen, der Ausgleich sei gefallen. Ich wünsche mir ein Tor für Ghana, schon allein, um zu erleben, wie dieses Toben zu steigern ist.

Vielleicht beim nächsten Mal. Dann könnte sich sogar mein Brüderchen noch was abgucken. Auch wenn es auf dem englischen Rasen nicht sehr heiß herging, vor der ghanaischen Mattscheibe dagegen umso mehr.

Ghana? Immerhin feiern die gut Fußball!

3 Kommentare:

  1. Oh, das hätte ich gern miterlebt...
    Da kann sich so ziemlich jeder Mecker-Deutsche was abschauen, der schon in der 80. min den Fernseher ausmacht, weil es mal nicht ganz so rund läuft und noch wochenlang danach schimpft und plötzlich auch alle anderen Spiele sowieso hoffnungslos verloren sind...

    So ein ghanaischer Fußballabend muss also ein Traum sein, denn schließlich haben die verstanden, dass es auch nur ein Spiel ist und man spielt schließlich, um Spaß zu haben ;)

    Du merkst: Ich beneide dich.
    Gruß und Kuss. Tina.

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  2. Und ich weiss, dass du perfekt hineingepasst haettest. Nur nicht in Himmelblau. Chelseablau ist hier naemlich noch viel groesser im Trend ;)

    Kuss zurueck!

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  3. Ob CFC oder CFC, da frisst sich die Kuh nicht fett von ;) Michael Ballack hat da auch keinen grpßen Unterschied gemacht :D

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