Donnerstag, 13. Oktober 2011

Momente

Ich komme nach einem Monsunregenguss vom Kid’s Corner nach Hause.
Meine Wäsche, die ich auf der Leine vergessen hatte, wartet trocken auf einem Stuhl unter dem Dach auf mich.

Ho. Die Hauptstadt der Volta Region.
Ich stehe vor einer weißen Wand, lächle in eine Kamera. Wofür ich die Passbilder brauche, fragt der Mann hinter der Kamera.
Für das Immigration Office.
Ein Visum? Für welches Land?
Für Ghana.
Ein erstauntes, stolzes Lächeln.

Gänsehaut beim Abendessen.
Am Nordhimmel tauchen Vögel auf. Eine ganze Vogelschar, gerichtet wie ein schlaffer Pfeil, mit müden Flügelschlägen, schwach und schwankend und doch auf eine schöne Art majestätisch.
Verbundenheit. Hallo Jungs, ihr habt es geschafft, ihr seid in Afrika!

Mittagshitze.
Ich sitze mit einer alten Frau auf einer Holzbank vor ihrem Lehmhaus. Ihr Fuß schmerzt, ist geschwollen, dunkel von gestautem Blut, muss von einem Arzt untersucht werden. Sie legt ihre Hand auf meine Schulter. Ich nehme sie in beide Hände. Wir müssen nicht reden.

Die Kinder haben kleine, wachteleiförmige, wüstengelbe Früchte in der Hand.
Gifty, ein Mädchen in grün-rot-gemustertem Kleid legt mir eine in die Hand, führt eine andere zu ihrem Mund und beginnt, mit ihren kleinen Zähnen die Schale abzuziehen.
Schau, so isst man das!

Ruth und ich kommen zu unserer Stammeisfrau.
Sie schläft wie immer auf einer Bank, wacht auf, lächelt uns an, öffnet die Kühltruhe und holt wortlos zwei Vanilleeis heraus.

Nach einem Tag in Ho komme ich zurück in mein Dorf.
Ich habe gehört, dass es heftigen Monsun gegeben haben soll. Nun stehe ich vor meinem Lieblingsbaum, der wie ein enthaupteter König aus seiner am Boden liegenden Baumkrone herausragt. Entsetzt schaue ich eine Frau an, bewege meinen Arm wie einen Blitz und lasse aus meinem Mund Donner grollen. Sie lacht beruhigend, verwandelt ihre Hand in eine Säge und zeigt auf die nun wieder frei gelegte Stromleitung.

Stromausfall.
Ich sitze vor einem Internetcafé. Unschuldige Straßenwortwechsel.
Ein unabhängiger Filmregisseur erzählt mir von seiner Ausbildung in Accra, seinem Projekt, eine kleine Filmindustrie auch in Landesteilen außerhalb der Hauptstadt wachsen zu lassen.
Er erzählt von Ghana und von seiner Freude, hier zu leben.
Er sagt Ghana ist das Israel Afrikas. Hier hat Gott seinen Handabdruck hinterlassen. Nur ist Ghana friedlicher.

2 Kommentare:

  1. Hi Melanie, Schön, dass DU bei Ruth bist. Deine "Momente" haben mich sehr berührt ...
    Gruß Doris (Ruths Mama)

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  2. Hi Melanie, Schoen, dass DU bei mir bist:)

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