Dienstag, 27. März 2012

Ghana, woher kommst du?


Ein Blick in die Vergangenheit – Teil I

Welche Sprache spricht man eigentlich in Ghana? Fragte ich mich vor meiner Ausreise. Ghanaisch? Ich bat Wikipedia um Rat und googlete mir die Finger wund. Um mit Fragezeichen auf der Stirn festzustellen: Neben der aus der Kolonialzeit resultierenden Amtssprache Englisch werden in Ghana mehr als 100 Sprachen und Dialekte gesprochen.
Woher diese vielen Sprachen kommen, lässt sich erahnen, wenn man die Anfänge Ghanas unter die Lupe nimmt.

Vor Jahrhunderten ließen sich dort, wo heute Ghanas Grenzen liegen, nach langen Völkerwanderungen verschiedene Volksgruppen nieder. So wie sich die Germanenstämme im Gebiet des heutigen Deutschlands ansiedelten. Aus unterschiedlichen Teilen Afrikas stammend brachten sie ihre eigenen Traditionen, Wertesysteme und Sprachen mit. Noch heute sieht und hört man diese Unterschiede: In der Bauweise der Häuser, der Ausübung des Handwerks, im Zusammenleben und eben in der Sprache.

            Ewe

Tsi a fa bringen mir die Kinder in meinem Dorf bei, während sie ihre nun gefüllten Eimer auf ihre Köpfe heben und gleich zum Waschen oder Essenkochen nachhause tragen werden. Das Wasser ist kalt. Sie sprechen Ewe, die Sprache der aus Benin und Togo geflohenen Ewe-Volksgruppe, die sich im Osten Ghanas ansiedelte.

            Ga-Adangbe

Hinter einer autoreifengroßen Blechschüssel gefüllt mit würzig duftender Erdnussbutter schreit mich ein volles, rundes, auffordernd lachendes Gesicht an. Ich verstehe sie nicht, die Verkäuferin auf dem Makola-Markt in Ghanas Hauptstadt Accra. Sie spricht Ga, die Sprache der Ga-Adangbe, die einer Legende zufolge aus dem Niger-Delta im heutigen Benin stammen. Hilflos lache ich mit meinem bereits perfektionierten Hilf-mir-doch-bitte-ich-verstehe-dich-nicht-Gesichtsausdruck zurück. Nach meinem Namen hat sie mich gefragt und dank ihrer kleinen Lektion kann ich ab jetzt antworten Medin di Melanie.

            Akan

Obroni, bra! werden wir, die Weißen, gerufen, als wir uns in Elubo der ivorischen Grenze nähern. Die Grenzbeamten sind freundlich und wohl etwas verblüfft, dass zwei weiße Mädchen den Grenzstreifen passieren wollen, nur um einmal die Elfenbeinküste zu sehen und ihr zu winken. Ja, freundlich sind sie, allerdings ein wenig gekränkt, weil wir ihrem für uns unverständlichen Wortschwall lediglich mit entschuldigendem Achselzucken antworten können. Auf ihre Muttersprache Twi sind sie sehr stolz. Womöglich zu Recht. Schließlich gehört dieser Dialekt zur Familie der Akan, der Volksgruppe, die die Mehrheit der ghanaischen Bevölkerung ausmacht. Ihre Spuren reichen bis in die Gebiete des westlichen Sudan zurück.

            Mole-Dagbani

Mit der Hand tauche ich kleine Happen Tuwe Zafi – einen Kloß aus Hirsebrei – in Erdnusssauce. Eine Straßenbekanntschaft hat uns zum Abendessen bei seiner Familie eingeladen. Mpaja lehrt mich der redselige Vater. Mpaja danke ich der Mutter für das leckere Essen. Hier in Tamale im Norden Ghanas, wo die Volksgruppe der aus dem heutigen Tschad kommenden Mole-Dagbani zuhause ist, wird hauptsächlich Dagbani gesprochen.

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